Panoramafreiheit in Österreich muss erhalten bleiben

Wir Österreicherinnen und Österreicher verfügen über ein wertvolles Gut, dessen sich die meisten sich gar nicht bewusst sind: die sogenannte Panoramafreiheit. Das bedeutet, dass Bilder von Gebäuden und Kunst im öffentlichen Raum ohne weiteres fotografiert und verwendet werden dürfen – auf sozialen Netzwerken, in privaten Blogs und als Illustration für Wikipedia-Artikel. Doch diese Freiheit ist nun in Gefahr.

Jeden Tag verletzen jedoch Millionen Europäer das Urheberrecht, denn die Verwendung von Schnappschüssen, die sie in Ländern wie Frankreich oder Belgien aufnehmen, in denen es eben diese Freiheit nicht gibt, ist häufig illegal. Ein Bericht über die Urheberrechtsreform der EU-Abgeordneten Julia Reda versucht daher nun, EU-Urheberrechtsgesetze zu harmonisieren und Panoramafreiheit, wie sie in Österreich bereits seit 1895 gang und gäbe ist, EU-weit einzuführen.

Eine Gruppe von Parlamentariern unter der Führung Frankreichs versucht nun jedoch, eine Klausel einzuführen, welche die Einschränkung der Panoramafreiheit auf nicht-kommerzielle Zwecke vorsieht. In diesem Zuge würde nicht nur Österreich wichtige Aspekte dieser Freiheit einbüßen, sondern die damit verbundene Rechtsunsicherheit sich in der gesamten EU weiter verschärfen: Jede Nutzung eines nicht autorisierten Fotos moderner, öffentlicher Gebäude wäre eine automatische Verletzung des Urheberrechts des Architekten, sofern nicht eine Genehmigung vorliegt. Zum Teil ist die Lage noch komplizierter: Bilder vom Eiffelturm sind zulässig, da er alt genug und damit die Ansprüche des Schöpfer erloschen sind. Dies gilt jedoch nur für Bilder, die tagsüber aufgenommen wurden, denn das Design der nachts eingesetzten Beleuchtung ist deutlich moderner und unterliegt daher nach wie vor den Einschränkungen des Urheberrechts.
Doch nicht nur Urlaubsfotos sind davon betroffen, sondern z.B. auch freie Bildungsinhalte wie die Wikipedia, die täglich von Millionen Nutzern aufgerufen wird. Seit einigen Jahren arbeitet Wikimedia Österreich, der Förderverein der Wikipedia hierzulande, z.B. eng mit dem Bundesdenkmalamt zusammen, um Österreichs kulturelles Erbe zu digitalisieren und den Zugang dazu für Menschen auf der ganzen Welt zu verbessern. Dazu gibt es u.a. den jährlichen Fotowettbewerb Wiki Loves Monuments, der denkmalgeschützte Gebäude in Österreich dokumentiert, die Ergebnisse dienen dann u.a. der Bebilderung der entsprechenden Wikipedia-Artikel. Diese Aktivitäten würden erheblich unter einer Einschränkung der Panoramafreiheit leiden, da sich die Arbeitsbedingungen der vielen ehrenamtlichen Fotografen verschlechtern würden. “Panoramafreiheit hat eine lange Tradition in Österreich und wir fordern, dass das Recht der Österreicher und unserer Besucher gewahrt bleibt, im öffentlichen Raum zu fotografieren und frei über die Verwendung dieser Fotos zu entscheiden, ohne vorher auf die Erlaubnis Dritter angewiesen zu sein”, so Claudia Garád, Geschäftsführerin von Wikimedia Österreich.

Warum die nicht-kommerzielle Einschränkung der Panoramafreiheit nicht dienlich ist:

  • Der Reflex nach einer Einschränkung dieser Ausnahme kommt intuitiv aus dem Wunsch heraus, einer ungewollten kommerziellen Ausbeutung vorzubeugen. Allerdings kalkulieren kommerziell agierende Unternehmen Urheberrechtsverletzungen oft einfach als finanzielles Risiko ein. Nicht-kommerzielle Einschränkungen schaden gerade denjenigen Institutionen und Firmen, die besonders sorgsam im Umgang mit dem Urheberrecht sind.
  • Viele bildende und weiterbildende Einrichtungen werden nicht ausschließlich öffentlich finanziert. Die Orientierung an eigenen Einnahmen aus Kursgebühren etwa führt dazu, dass sie als kommerziell gelten müssen. Sie dürften also Inhalte, die nur nicht-kommerziell freigegeben sind, nicht nutzen.
  • Eine lediglich nicht-kommerzielle Gewährung dieser Schranke hätte zur Folge, dass abseits der Wikipedia auch sämtliche anderen Nachnutzungs- und Verwertungsformen in den Creative Industries Europas unmöglich wären. Das gilt z.B. für Mediendateien vom Donauturm, der UNO City oder dem Museumsquartier in Wien, vom Bergisel in Innsbruck und vom Hangar 7 in Salzburg – Material, das darüber hinaus sowohl dem Journalismus, als auch dem Tourismus zu Gute kommt.
  • Von einer Abkehr von der Panoramafreiheit betroffen wären zudem auch private Blogs, die Werbung schalten, um die Hostingkosten zu decken, sowie die Nachnutzung von Bildern in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter.
  • Die Panoramafreiheit ist in Europa bereits seit 1837 bekannt. Die Begründung dafür war, dass eine Abkehr vom Grundsatz der Straßenbildfreiheit nicht beabsichtigt sein könne, zumal dieser auch „einem gesunden Rechtsempfinden“ entspräche und die Existenz vieler kleiner Gewerbetreibender daran hinge (z.B. Straßenmaler und Fotografen).

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